BG Klinik Ludwigshafen - Blog

Vom Konditor zum Pflegefachmann, ein Gespräch mit Marco Scholl

Geschrieben von Nadine Schmidt | 10.Oktober 2024 11:55:40

 

Marco Scholl war im Juli 2023 einer der ersten Gäste von "Herzfrequenz – der Podcast der BG Klinik Ludwigshafen" und erzählte begeistert von seiner Umschulung vom Konditor zum Pflegefachmann. Abgesehen davon, dass die beiden Berufe auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben, ist sein damaliges Alter von 41 Jahren ein Beweis für seinen besonderen Mut. Die Umschulung läuft weiterhin, und mittlerweile ist viel passiert. Wir haben bei ihm nachgefragt, wie es aktuell bei ihm läuft, und euch die Podcastfolge von damals zum Nachlesen transkribiert.

"Die Ausbildung läuft gut soweit. Ich freue mich natürlich, wenn die Examen vorbei sind und ich ein ‚Bestanden‘ auf meiner Urkunde stehen habe", erzählt uns Marco, als wir ihn bei seinem aktuellen Einsatz in der Zentralen Notaufnahme treffen. Hier hilft er mit, sammelt viele praktische Erfahrungen und hat Freude am Umgang mit den Patienten und Patientinnen. "Die schriftlichen Examen sind im Juni nächsten Jahres. Ich bereue es überhaupt nicht, die Entscheidung für die Umschulung zum Pflegefachmann getroffen zu haben, denn mir macht die Arbeit Spaß." Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen praktischem und theoretischem Lernen: "Das Lernen ist halt immer so eine Sache, vieles läuft tatsächlich nebenbei, also sozusagen Learning by Doing. Aber man muss schon am Ball bleiben und sich belesen und erfragen."

Marco, du bist Umschüler bei uns in der BG Klinik. Das heißt, du machst eine Umschulung zum Pflegefachmann, so heißt der Beruf aktuell. Es wird ja öfter mal geändert.

Richtig, ja.

Seit wann bist du denn Umschüler bei uns in der BG Klinik Ludwigshafen?

Ich habe am 01. Oktober 2022 mit der Ausbildung angefangen.

Das Spannende daran, dass du Umschüler hier bei uns im Haus bist, ist, dass du vorher einen anderen Beruf hattest, den man eigentlich auch ganz schön findet, nämlich: Du warst vorher Konditor.

Richtig, genau.

Wie lange hast du den Beruf ausgeübt?

Ich habe 1998 meine Ausbildung angefangen und habe dann über 20 Jahre im gleichen Betrieb gearbeitet.

Und den Beruf hast du wahrscheinlich nicht einfach so gemacht, sondern auch aus Leidenschaft, nehme ich mal an.

Ja, ich habe es wirklich gern gemacht, es hat Spaß gemacht, aber es war jetzt auch einfach Zeit für etwas Neues, Zeit für eine Veränderung.

Das heißt, du hast dich jetzt mit 41 Jahren, die man ja als jung bezeichnen kann, dazu entschieden, noch einmal einen neuen Beruf zu erlernen, einen Beruf, der ja eigentlich mit dem ursprünglichen gar nichts zu tun hat?

Richtig, ja. Ich wollte einfach noch etwas anderes machen in meinem Leben, wollte etwas Sinnvolles tun, etwas mit Menschen machen und wollte Menschen helfen – und da war das naheliegend.

Man hört ja oft, dass die Pflege als Beruf in der Öffentlichkeit nicht so gut wegkommt – man sagt, er sei nicht gut bezahlt und nicht ausreichend anerkannt. Hat dich das nicht abgeschreckt?

Überhaupt nicht. Ich finde, Pflege ist ein toller Beruf, es ist ein wichtiger Beruf und die Menschen werden gebraucht.

Und natürlich kanntest du aus deiner Arbeit als Konditor zumindest schon mal die Nachtschicht.

Das ist wohl wahr, also das war auch nie ein Problem – nachts oder früh aufzustehen.

Hattest du überhaupt keine Bedenken, nochmal einen neuen Beruf zu erlernen? 

Natürlich hat man Bedenken, wenn man nach über 20 Jahren aus seiner Komfortzone herausgeht, um etwas Neues zu machen. Man hat natürlich auch seine Ängste: Geht es gut? Schaffe ich das? Aber sobald man die erste Woche dabei ist und mitmacht, verfliegen diese Ängste. Es macht Spaß, und es ist toll.

Wie läuft denn die Umschulung bisher ab, wie ist der Anteil von Theorie und Praxis?

Es ist immer im Blockunterricht: Es gibt immer zwischen vier und fünf Wochen Theorie, und dann geht es wieder in die Einsätze, also zum praktischen Träger oder in Außeneinsätze.

Was macht dir mehr Spaß?

Die Praxis.

Wie war es, als du zum ersten Mal Kontakt mit einem Patienten oder einer Patientin hattest?

Es ist im ersten Moment ein bisschen befremdlich, aber man sieht auch vieles, das man sich vielleicht anders vorgestellt hat. Aber man hat keine Angst davor, Dinge in die Hand zu nehmen oder zu machen.

Wie war die Integration im Team auf der Station? Ich gehe mal davon aus, dass du nicht immer auf derselben Station bist, sondern auf verschiedenen.

Aktuell ist Marco Scholl in der Zentralen Notaufnahme der BG Klinik Ludwigshafen eingeteilt. 

Genau, man wechselt die Stationen durch, damit man sämtliche Fachbereiche kennenlernt. Die Integration im Team ist, finde ich, immer sehr gut. Ich finde es toll, dass man in meinem Alter noch einmal eine Umschulung macht, und man bekommt unheimlich viel gezeigt, erklärt und wird gut mitgenommen.

Es gibt bestimmt viele Dinge, die man dir jetzt nicht mehr beibringen muss. Ich glaube, du wirst bei einer Prüfung nicht sagen, ich spiele lieber Playstation, sondern du bist dir dem Ernst der Lage bewusst.

Richtig, genau. Natürlich ist es vielleicht einfacher, wenn man frisch von der Schule kommt, aber wenn man die Ausbildung später macht, hat das auch Vorteile: Man kann sich vieles herleiten, man weiß schon einiges und muss nicht mehr so viel nachholen. Es macht einiges einfacher.

Hattest du Bedenken in Bezug auf die Theorie? Man ist das Lernen ja nicht mehr so gewohnt.

Klar hat man Angst, dass man es vermasselt. Aber wenn man die ersten Erfolge sieht, dann macht das stolz, und es motiviert.

Was macht dir besonders viel Spaß?

Der Umgang mit Menschen. Blutabnahme finde ich zum Beispiel toll, ebenso wie OP-Fahrten. Ich finde es großartig, Menschen morgens pflegerisch zu versorgen. Verbände und Wundversorgung machen mir auch Spaß.

Während der Pandemie kam ja dieser Begriff systemrelevant auf. Den kann man natürlich positiv und negativ auslegen, aber letztendlich ist es ein zukunftssicherer Beruf, in der Pflege zu arbeiten. War das für dich auch ausschlaggebend?

Auch, ja. Mein alter Betrieb, also wo ich vorher gearbeitet habe, wird halt auch irgendwann in den nächsten Jahren geschlossen, weil einfach keine Nachkommenschaft mehr da ist. Und ich wollte halt auch nicht in zehn Jahren noch einmal von vorne anfangen.

Ich habe gesagt, jetzt oder gar nicht. Und dann war es auch klar, dass ich es jetzt mache. Das war auch der Grund, warum ich jetzt gewechselt habe, meinen Beruf und von vorne angefangen habe.

Du hast jetzt gesagt, die Reaktionen von den anderen Pflegenden, also von den anderen, die auf der Station arbeiten, sind durchweg positiv. Die freuen sich, dass da jemand ist, der schon gewisse Grundkenntnisse im Arbeiten mitbringt und nochmal diese ganze Ausbildung auf sich nimmt. Wie sind die Reaktionen in deinem Umfeld? Auch eher positiv, oder fragen manche: „Marco, hast du dir das gut überlegt?“

Nee, es ist eigentlich durch die Bank weg positiv. Also gibt es gar keine negativen Reaktionen drauf. Die finden es eigentlich alle toll.

Man hat sich ja irgendwie was aufgebaut. Man hat ein Leben, man hat Verpflichtungen, auch finanzielle Verpflichtungen. Jetzt hast du als Konditor, ich weiß nicht, wie viel man da verdient. Mehr oder weniger als in der Pflege?

Einiges weniger.

Weniger als in der Pflege? Das heißt, du nimmst jetzt in Kauf, dass du längere Zeit weniger verdienst, wirst aber danach mehr verdienen?

Richtig, genau. Also sagen wir, in meinem Erstberuf Konditor, das ist halt dieser typische 1200-Euro-Verdiener, netto jeden Monat. Natürlich nimmt man während der Ausbildung in Kauf, dass man halt 200 Euro weniger hat, aber dafür verdient man nach dem Examen in drei Jahren das Doppelte.

Gab es denn Unterstützung vom Bund, von den Ländern oder von irgendwelchen Ämtern, die du während deiner Umschulung in Anspruch nehmen konntest?

Leider nein. Bis vor einem Jahr gab es noch die sogenannte QCG-Förderung (Qualifizierungschancengesetz), die einem das fehlende Gehalt zwischen Ausbildungsgehalt und letztem Gehalt gesichert hat. Aber die Gesetzeslage hat sich geändert und somit ist die für mich leider weggefallen, weil das Arbeitsamt der Meinung war, ich sei nicht berufsunfähig und hätte auch in meinem alten Beruf weiterarbeiten können.

Verstehe, verstehe. Jetzt habe ich schon gefragt, wie du dir den Beruf vorgestellt hast und wie er jetzt ist. Ich glaube, ein ganz wesentlicher Punkt, das sagen ja Leute oft, die nicht in der Pflege arbeiten, ist: „Ich könnte das nicht“, und das bezieht sich meistens auf Emotionalität. Dass man einfach denkt, man ist den Menschen sehr nah und man nimmt die Schicksale mit nach Hause. Wie nimmst du das so wahr?

Natürlich gibt es immer wieder Schicksale. Was ich so aus meinem Umfeld höre, wenn Menschen sagen „Das könnte ich nicht“, bezieht sich halt tatsächlich meistens auf Stuhl, Urin oder Erbrochenes, wo die meisten einfach Berührungsängste haben. Aber ich finde es tatsächlich nicht schlimm, es gehört dazu. Auch wenn jedes kleine Kind erbricht, Stuhlgang hat und in die Hose macht, ist es bei älteren Menschen nichts anderes und gehört einfach dazu.

Gibt es irgendwelche Fälle, bei denen du vielleicht gemerkt hast, dass sie dir länger nachhingen, weil sie vielleicht besonders schön, kompliziert oder emotional berührend waren?

Ja, ein Fall: Es war ein relativ junger Junge, 13 Jahre alt, der unter ein Auto geraten ist und sein Bein verloren hat. Das nimmt man schon mit nach Hause, weil es einfach ein schweres Schicksal für so einen jungen Menschen ist. Aber ansonsten, muss ich sagen, nimmt man es nicht unbedingt mit nach Hause.

Kannst du dich noch erinnern an den ersten Patienten oder die erste Patientin, die du in der Umschulung behandelt hast?

Ja, tatsächlich. Ich kam morgens um 6 Uhr auf die Station und war bei der Übergabe dabei. Da ich ja auch schon 41 bin, dachten viele, ich sei schon examiniert und arbeite schon ein paar Jahre in dem Beruf. Ich wurde in ein Zimmer geschickt, um Verbände zu machen, und da stand ich erstmal wie ein Depp, weil ich eigentlich nichts wusste. Dann habe ich allen erklärt, dass ich erst seit sechs Monaten als Pflegehelfer hier arbeite und noch gar nicht examiniert bin. Aber ich wurde direkt von allen mitgenommen, es wurde mir alles gezeigt und erklärt. Das war schon toll. Das war bei einer älteren Dame, und dann hieß es immer: „Ja, da machen wir mal“, und ich dachte: „Okay, ich gehe vor.“

Okay, das heißt, Pflegehelfer hast du vor der Umschulung gemacht, ein halbes Jahr?

Ich war sechs Monate als ungelernter Pflegehelfer in der Klinik angestellt und bin dann direkt in die dreijährige Ausbildung übergegangen.

Wie ist das grundsätzlich hier organisiert? Hast du jemanden, der dir während der praktischen Tätigkeiten zur Seite steht? 

Genau. Als Ansprechpartner gibt es die Ausbildungskoordination, die sind sehr gut aufgestellt. Man kann jederzeit per E-Mail, Telefon oder persönlich Kontakt aufnehmen. Und auf jeder Station gibt es auch die Stationsleitung. Es gibt Praxisanleiter, die dich anleiten, mitnehmen und dir die wichtigen Dinge zeigen.

Ich weiß, dass du während deiner Ausbildung auch in der Altenpflege eingesetzt wirst. Warst du da schon?

Ab September dieses Jahres bin ich dort.

Das ist ein wesentlicher Unterschied, weil man im Krankenhaus eher die Chance hat, dass jemand gesund entlassen wird, während das im Altenheim seltener der Fall ist.

Das ist richtig. Für mich wäre es auch keine Option gewesen, dauerhaft im Altenheim zu arbeiten. Ich freue mich auf den Einsatz, um diese Seite der Pflege kennenzulernen, aber ich sehe lieber die Menschen auf zwei Beinen das Krankenhaus verlassen, als sie aus dem Altenheim mit den Füßen zuerst rausgehen zu sehen.

Denkst du dir manchmal: „Verdammt, warum habe ich das nicht vorher gelernt?“

Ja, manche Dinge merkt man einfach erst später.

Zum Glück hast du es jetzt gemacht!

Vielleicht hätte ich es vor 25 Jahren gar nicht geschafft, das durchzuziehen. Keine Ahnung.

Gibt es irgendetwas, das dir keinen Spaß macht oder das du dir anders vorgestellt hast, oder ist es wirklich so „easy“, wie du es beschreibst?

Naja, es gibt in jedem Beruf Schattenseiten. In der Pflege gibt es die auch. Ich finde zum Beispiel das viele Dokumentieren am PC aufwändig. Das raubt Zeit, die man sonst für die Menschen hätte, aber es muss gemacht werden.

Aber würdest du trotzdem Werbung in deinem privaten Umfeld für den Beruf machen?

Ja, tatsächlich. Einige aus meinem Umfeld arbeiten bereits in der Pflege.

Ah, okay, das erklärt es.

Da ist wenig Chance, dass ich noch jemanden überzeugen kann.

Du bereust den Schritt nicht?

Nein, überhaupt nicht.

Jetzt hast du den Vorteil, dass du Konditor bist. Bringst du ab und zu etwas Gebackenes mit?

Ja, wenn ich auf Station meinen letzten Tag habe, bringe ich gern Mohnkuchen mit. Da freut sich jeder.

Sehr gut, du kannst also noch von deinem ersten Beruf profitieren!

Ja, richtig.

Wunderbar. Ich weiß, dass du heute Frühschicht hattest, daher entlasse ich dich jetzt. Vielen Dank für die Informationen zu deiner Umschulung, und ich wünsche dir noch einen schönen Tag.

Dankeschön.

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