Flexi-Team entlastet die stationäre Pflege

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Die Krankenschwester Ruth Müller (Bild links) ist das, was man einen alten Hasen nennt. Die BG Klinik Ludwigshafen kennt sie wie ihre Westentasche, immerhin hat sie hier 33 ihrer 38 Berufsjahre auf wechselnden Stationen gearbeitet. 1995 übernahm sie ihre erste Leitungsfunktion. Jetzt, mit 59 Jahren, hat die erfahrene Pflegerin den nächsten Schritt getan: Als Leiterin vom Flexi-Team ist sie die Vorgesetzte und Ansprechpartnerin für ein Team, das unterschiedlicher nicht sein könnte. Das Ziel: Mit einem flexiblen, vielseitigen Team die stationäre Pflege zu entlasten

„Zur Zeit bin ich viel auf den Stationen unterwegs und unterstütze“, sagt Ruth Müller, doch das ist nicht ihre eigentliche Aufgabe. Von der examinierten erfahrenen Pflegekraft mit dreijähriger Berufsausbildung bis hin zum fachfremden Pflegehelfer bringen ihre Mitarbeitenden die unterschiedlichsten Vorbildungen und Erfahrungen mit. Mit ihrem Flexi-Team entlastet sie die stationäre Pflege bei personellen Engpässen. Der Name ist Programm, gerade bei kurzfristigen Engpässen ist Flexibilität gefragt. Die Idee dahinter ist einfach: „Meine Mitarbeitenden geben mir ihre Wunsch-Arbeitszeiten vor und ich setze sie dann dort ein, wo Bedarf besteht“, sagt Ruth Müller. Die Pflegekräfte ihres Teams erlangen damit eine gewisse Planbarkeit – für Viele ein wichtiger Aspekt. Außerhalb des üblichen Schichtplans auf Station können sie festlegen, wie viel und zu welchen Zeiten sie arbeiten möchten, und natürlich werden auch Nachtschichten bedient.

Personalplanung von heute auf morgen

Die Einsatzplanung hängt von der voraussichtlichen Dauer des Bedarfs ab. In den täglichen Morgenbesprechungen geben die Stationsleitungen ihren Personalbedarf für den aktuellen oder den Folgetag bekannt. Akute Personalausfälle versucht Frau Müller mit den anwesenden Kolleginnen und Kollegen abzufangen, gelegentlich muss sie dazu kurzfristig jonglieren und die Belegung der Stationen anschauen. „Vollbelegte Stationen haben Vorrang“, sagt sie, „das schauen wir uns im Einzelfall an und belegen bei Bedarf mit mehr Personal.“ Für Einsätze an den Folgetagen nimmt sie dann per E-Mail Kontakt mit ihren Mitarbeitenden auf.

Auch langfristige Engpässe kann Müller damit ausgleichen. So ist im Moment zum Beispiel eine Station im Aufbau, für die noch kein Stammpersonal da ist. Bis das eingerichtet ist, überbrückt Ruth Müller mit ihrem flexiblen Personal den Bedarf.

Gelebte Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Viele ihrer Mitarbeitenden kommen von außerhalb und haben sich gezielt für das Flexi-Team beworben. Doch etliche Kolleginnen und Kollegen kommen aus dem Haus selbst. „Manchmal verändert sich eine private Situation“, erklärt Ruth Müller, „zum Beispiel weil ein Kind kommt oder die Pflegekraft aus anderen Gründen nicht mehr im Schichtplan arbeiten kann oder will. Dann schauen wir, dass wir den Menschen über das Flexi-Team im Haus halten können“. Das ist für beide Seiten attraktiv, denn auch die Klinik möchte ihre gut ausgebildeten und erfahrenen Kräfte nicht verlieren.

Pflegekräfte bringen vielfältige Qualifikationen mit

Die Qualifikationen, die ihre Mitarbeitenden mitbringen, sind bunt und vielfältig. „Wir haben alles dabei, von der examinierten Pflegekraft mit dreijähriger Ausbildung über Krankenpflege-Helfer mit einjähriger Ausbildung bis hin zu Pflegehelfern ohne formale Qualifikation“, gibt Müller einen Einblick. Altenpflegekräfte und Altenpflegehelfer sind ebenso Teil des Teams wie eine Medizinische Fachangestellte oder auch ein Rettungssanitäter, der zurzeit in der Zentralen Notaufnahme eingesetzt ist. Müller: „Wir haben Voll- und Teilzeitkräfte, die in allen drei Schichten eingesetzt werden.“ Examinierte Pflegekräfte werden dabei flexibler eingesetzt, denn sie können sich aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Erfahrung schnell auf den Stationen zurechtfinden.

Wer keine formale Qualifikation hat, bleibt in aller Regel längerfristig einer Station zugeordnet. Das erleichtert die Orientierung und Einarbeitung. Als Stationshilfen entlasten sie das Stammpersonal bei pflegerischen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Und für den ein oder anderen ungelernten Helfer ist der Flexi-Job das Sprungbrett in eine formale Pflege-Ausbildung. Hier schauen Ruth Müller und Pflegedirektorin Annette Hofmann genau hin und bieten gezielt die berufliche Weiterentwicklung an.

"Wo ist das Blutdruckmessgerät? Qualitätsmanagement auf Station

Das Flexi-Team in seiner jetzigen Form gibt es seit Sommer 2021, doch die Idee dazu ist nicht neu. Als Springerpool gibt es das System schon länger. Ruth Müller verfolgt aber einen viel umfassenderen Ansatz. Als direkte Vorgesetzte ist sie die feste Bezugsperson für ihre Team-Mitglieder. Sie organisiert regelmäßige Besprechungen, sorgt für die nötigen Unterweisungen, führt die strukturierten Mitarbeitergespräche und hat ein Auge auf den Fortbildungsbedarf.

Eine Gesprächskultur ist ihr wichtig: „Die Kolleginnen und Kollegen müssen sich schnell in die Situation vor Ort integrieren. Und ich muss wissen, was sie dafür brauchen, was ihnen dabei hilft“, so Ruth Müller. So kann sie die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass das flexible Konzept für beide Seiten funktioniert. Und sie gibt ein eindringliches Beispiel: „Eine erfahrene Pflegekraft weiß genau, was sie machen soll, wenn jemand kollabiert, aber wenn sie nicht weiß, wo das Blutdruckmessgerät ist, dann ist sie aufgeschmissen.“

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Ruth Müller (rechts) bespricht mit Stationsleitungen den aktuellen Bedarf. 

Wissen und Sicherheit vermitteln

Also achtet Ruth Müller etwa darauf, dass die Prozessbeschreibungen auf allen Stationen aktuell sind, und bricht diese auf kurze Einsatz-Checklisten für ihre Mitarbeitenden herunter. Sind Poolschlüssel vorhanden, so dass alle Schränke zugänglich sind? Ist das Modulsystem zur Materialversorgung auf allen Stationen einheitlich? Sind die Flexi-Team-Mitglieder bei den Pausenabsprachen integriert? Als Vorgesetzte will sie Wissen und Sicherheit vermitteln, und bekommt dafür von ihrem Personal und auch von den Stationen positive Rückmeldung. Viele kleine Dinge erleichtern den Einsatz und halten allen Mitarbeitenden auf Station den Rücken frei für ihre eigentliche Aufgabe, die Patientenversorgung.

Wunsch nach Entlastung der Pflege

Erst heute zu erfahren, wo man morgen arbeitet, das ist nicht jedermanns Sache. Die Planbarkeit ihrer Arbeitszeiten erkaufen sich die Flexi-Team-Mitglieder mit dem Umstand, dass ihr Einsatzort ständig wechselt. Die meisten Stamm-Pflegekräfte hingegen schätzen die feste Zuordnung zu einer Station, doch kurzfristige Engpässe können eben nicht immer durch das stationseigene Personal abgefedert werden.

Der Bedarf an unterstützenden Diensten auf den Stationen wurde in Workshops mit Pflegedirektorin Annette Hofmann deutlich sichtbar. Darauf hat man reagiert und unmittelbar Abhilfe geschaffen: Das Flexi-Team wurde personell erweitert und mit mehr Leistungen ausgestattet. So entlastet das System am Ende alle Mitarbeitenden: Die Stationen profitieren von der flexiblen Unterstützung, und die Flexi-Team-Mitglieder von der Planbarkeit ihrer Einsätze.

Pflege ist in Aufbruchsstimmung

Auch an der BG Klinik Ludwigshafen sind aktuell nicht alle Stellen in der Pflege besetzt. „Wir bemühen uns sehr, den Weg ins Bessere zu finden“, fasst Ruth Müller zusammen, und sie hat gute Hoffnung, dass die Maßnahmen, die das Haus mit seiner neuen Pflegedirektorin auf den Weg gebracht hat, Erfolg haben. So wurden etwa Ausbildungsplätze massiv ausgeweitet, Fort- und Weiterbildungswünsche werden aktiv unterstützt, Workshops beschwören den Teamgeist, der vielerorts nicht zuletzt durch Corona verloren gegangen ist. Mit ihrem Flexi-Team fühlt sich Ruth Müller als Teil dieser Aufbruchsstimmung: „Es wird noch dauern“, sagt sie, „aber wir sind auf einem guten Weg.“

GESCHRIEBEN VON Ute Kühnlein
Ute Kühnlein
AM 2.Mai 2022 03:50:58